Kaiserstuhl intensiv

Nat?rlich ist Wein ein Naturprodukt. Doch das ist erst mal nicht viel mehr als eine Plattit?de. Bedeutung bekommt dieser Satz erst, wenn man die Natur eines Weines erfahrbar macht. Also den Lebensraum, die Lage eines bestimmten Weines erkundet, sich den Zustand der Reben ansieht, den Weinmacher kennenlernt und dessen Philosophie im Glas nachzusp?ren versucht.
Wie sollte das besser geschehen als auf einer mehrt?gigen Wanderung in einem der sch?nsten Anbaugebiete des Landes? Vorbei an den ber?hmten Lagen des Kaiserstuhls wie den Winklerberg, den Schlossberg und den Eichberg f?hrte uns eine Tour von Ihringen ?ber Achkarren, Oberrottweil und schlie?lich nach Eichstetten. Ausschlie?lich zu Fu? bewegten wir uns durch eine spektakul?re, vulkanisch geformte Landschaft und besuchten einige Meisterwinzer, die nicht ganz zuf?llig auf unserer Wanderroute lagen. Kein schlechter Zeitpunkt: Die hochgelobten 2009er sind noch ?berall erh?ltlich, in einigen Monaten wird sich das nicht mehr ?ber jedes Gro?e Gew?chs sagen lassen.
Nat?rlich stehen hier die Burgundersorten im Vordergrund: Grau- und Wei?burgunder, Chardonnay und Sp?tburgunder. Ausgangspunkt war Ihringen und das bekannteste Weingut des Ortes. Das Weinhaus Heger hat einiges zu bieten. Die klare Frucht, Nachhaltigkeit und gute Balance einer 1999er Wei?burgunder Sp?tlese trocken aus dem Ihringer Winklerberg beispielsweise (89 Punkte) oder der gleich alte Weissburgunder Gro?es Gew?chs, der noch etwas verhaltener ist, aber daf?r gro?e Komplexit?t zeigt (89+). Eine Klasse f?r sich ist der Chardonnay*** aus dem Barrique. Outstanding, wie es international wohl hei?en w?rde, macht dieser Wein sofort s?chtig: viel Exotik, Stachelbeere, Pfirsich. Bei unglaublicher Dichte und L?nge und gleichzeitig klarer Struktur bleibt der Geschmack noch lange Minuten im Mund. Zweifellos einer der besten Wei?weine, den ich aus Deutschland je trinken durfte – 95 Punkte.
Am Abend dann Achkarren. Die Strau?wirtschaft des Weinguts Michel bietet au?erordentlich gelungene Basisweine. Die Topweine gab es dann am n?chsten Tag. P?nktlich um 10:00 Uhr zu ?ffnungsbeginn scharrten wir schon ungeduldig mit den Hufen. H?chste Zeit f?r die eleganten Sp?tburgunder aus der Lage Achkarrer Schlossberg, den wir wenig sp?ter in dichtem Nebel ?berqueren sollten. Doch auch hier wird sehr guter Wei?burgunder produziert, zu bezahlbaren Preisen: die 2009er Sp?tlese trocken*** hat viel Nachhall und L?nge bei animierender Zitrus-Aromatik: 89-90 Punkte.
Auch alle probierten Sp?tburgunder konnten ?berzeugen. Ein Hammer ist der 2008er Sp?tburgunder vom Schlossberg aus dem erstbef?llten Barrique. Nur 10 Trauben pro Stock ergeben einen intensiven Musterburgunder wie aus dem Bilderbuch: lang, stoffig, dabei ?u?erst elegant bei sch?ner Brombeerfrucht, 93 Punkte.
Nichts wird aus dem Vogesenblick in den folgenden Stunden, aber auch bei tr?bem Wetter entfaltet der westliche Kaiserstuhl eine besondere Magie. Einige Betriebe sind bei der Lese. Der leicht r?tliche Grauburgunder und der Sp?tburgunder sind an der Reihe. In Oberrottweil angekommen ist das Weingut Salwey bei uns auf der Tagesordnung ganz oben. Mit zahlreichen Schweizer G?sten erleben wir eine Probe, die wieder f?r zahlreiche Gl?cksmomente sorgt.
Die trockenen wei?en Burgunder aus der RS-Linie mundeten vorz?glich: Wei?burgunder RS 2009, 89 Punkte; Grauburgunder RS 2009, 90 Punkte. Eine echte Preis-Leistungs-?berraschung ist der Sp?tburgunder 2008 aus dem K?sleberg. F?r nur wenig ?ber 10 ? ist er fast auf vergleichbarem Niveau (88-89 P.). In einer anderen (Preis-)Welt hingegen bewegt sich sein gro?er Bruder, das Gro?e Gew?chs aus dem Eichberg Glottertal mit 93+ Punkten.
Dennoch, mindestens so interessant sind die Gro?en Gew?chse aus den wei?en Sorten. Henkenberg und Kirchberg – beide schenken sich nichts. F?r mich minimal vorne: der Henkenberg. Der Wei?burgunder 2009 aus dieser Lage hat erstaunliche Ankl?nge an Orange und besitzt bei aller Substanz eine lebendige Frische (93 Punkte). Der Vulkanverwitterungsboden des Kirchbergs (Wei?burgunder 2009) macht einen Unterschied: feine Mineralik, dabei etwas floraler – 92 Punkte.
Noch etwas besser sind hier die Grauburgunder. Henkenberg GG mit 94+ Punkten und der (hiesige) Eichberg mit 93 Punkten. Was soll danach noch kommen?
?ber Berge, Trockenrasen und durch W?lder f?hrt uns der Weg am n?chsten Tag auf die Ostseite des Kaiserstuhls – und schlie?lich wieder nach Hause. Zwar um einiges ?rmer, aber daf?r auch reicher an Erfahrungen und unvergesslichen Eindr?cken.